Durch sich ändernde Marktbedingungen, hohe regulatorische Anforderungen, Kostendruck in der Jahresabschlussprüfung und nicht zuletzt die technologische Entwicklung wird sich die Wirtschaftsprüfung in den kommenden Jahren weiter wandeln. Um einen näheren Blick auf die Auswirkungen dieser Entwicklung zu werfen, haben DATEV und das universitätsnahe IT-Beratungshaus Strategion GmbH im Rahmen einer Studie vier unterschiedliche Zukunftsszenarien zur möglichen Entwicklung in der Zusammenarbeit von Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und mit der Buchhaltung von Mandanten betrauten Personen ermittelt.
Anschließend wurden die drei Berufsgruppen nach der Eintrittswahrscheinlichkeit des jeweiligen Szenarios innerhalb der nächsten Dekade befragt. Dabei geht die Mehrzahl der Befragten davon aus, dass digitale Innovationen großen Einfluss auf einzelne Erstellungs- und Prüfungstätigkeiten entfalten werden, die sich dadurch verändern. Der Prüfungsansatz für die Jahresabschlussprüfung wird aber im Kern als gleichbleibend erwartet.
Die vier Zukunftsszenarien entstanden auf Basis wissenschaftlich anerkannter Methoden und berücksichtigen aktuelle Trends wie Digitalisierung und Automatisierung, Fachkräftemangel sowie Harmonisierungs- und Deregulierungstendenzen. Das erste Szenario beschreibt dabei eine disruptive Veränderung und skizziert einen Wandel des kompletten Erstellungs- und Prüfungsansatzes durch digitale Innovationen. Szenario Zwei geht von zunehmender Automatisierung aus und ist von der Veränderung einzelner Erstellungs- und Prüfungstätigkeiten durch digitale Innovationen geprägt, während der Prüfungsansatz für die Jahresabschlussprüfung gleichbleibt. Die dritte Option beschreibt ein gleichbleibendes Berufsfeld, in dem es lediglich selektive Veränderungen durch digitale Innovationen gibt. Variante Vier geht sogar von einer abnehmenden Digitalisierung und der Ablehnung digitaler Innovationen durch die Berufsträger aus.
Neben Szenario Zwei, das die Mehrheit für das wahrscheinlichste hält, sprechen die Antworten auch der disruptiven Variante mit einem neuen Erstellungs- und Prüfungsansatz hohe Relevanz und Einfluss zu. Im Gegensatz zur Zukunftsvision mit zunehmender Automatisierung bei gleichbeliebendem Prüfungsansatz ist dieses Szenario aber nicht so stark „erwünscht“. Das von abnehmender Digitalisierung ausgehende Szenario Vier, wird durchweg als unwahrscheinlich, nicht erwünscht und von eher geringem Einfluss eingeschätzt.
Über die Erwartung grundsätzlicher Zukunftsszenarien hinaus können aus der Studie auch weitere Zukunftseinschätzungen abgeleitet werden. Eine interessante Erkenntnis ist, dass Steuerberater und in Unternehmen mit Buchhaltungsaufgaben betraute Personen stärker vom Potenzial von KI für erstellungszeitpunktnahe Prüfungen überzeugt sind als Wirtschaftsprüfer. Letztere bewerten das Potenzial deutlich differenzierter, allerdings ebenfalls mit einer positiven Tendenz.
Alle drei Berufsgruppen gehen davon aus, dass Konnektoren und Schnittstellen zwischen ihren Systemen künftig einen kontinuierlichen Zugang zu buchhaltungs- und prüfungsrelevanten Daten ermöglichen sowie eine automatisierte Datenextraktion zulassen. Dabei ist davon auszugehen, dass in den nächsten 10-15 Jahren tendenziell Softwareprodukte vermehrt genutzt werden, die gleichzeitig sowohl Erstellungs- als auch Prüfungsprozesse und -funktionen unterstützen.
Dass Buchungsdaten zunehmend autonom durch Systeme erstellt werden, halten ebenfalls die meisten der Befragten für wahrscheinlich. In allen Berufsgruppen wird erwartet, dass sich die Tätigkeiten von „manuellen“ mehr in Richtung „überwachende“ wandeln werden. Dadurch wird voraussichtlich die Bedeutung von Vollerhebungen in der Prüfung zugunsten von Systemprüfungen zurückgehen. Diese werden dann auch zwangsläufig KI-Komponenten und -systeme beinhalten.
Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass künftig verstärkt IT-Fachkenntnisse in der Wirtschaftsprüfung benötigt werden. Eine risikoorientierte Systemprüfung verlangt zunehmend den Einbezug des jeweiligen IT-Anbieters und neuer Skills vom Prüfenden. Trotz aller Vereinfachungen, die die Digitalisierung durch Automatisierungsoptionen mit sich bringt, erwarten die Befragten übrigens in den kommenden ein bis eineinhalb Jahrzehnten keine Vereinfachung der gesetzlichen Vorgaben, die das Berufsfeld betreffen. Regulierungen rund um die IT könnten hier eher noch zu Verkomplizierungen führen, so die Befürchtung.
News vom: 17.07.2023
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